Logbuch der "Phoenix"

das Eingangsposting lautete :

Nach einem längeren Aufenthalt im Hafen sind wir endlich zum Auslaufen bereit. Der Rumpf wurde mit Kupferplatten versehen, so dass das Schiff klar ist, die arktischen Küsten des Nordens zu erkunden.

Die Admiräle von Libertalia, UVondDo und PatA-Gon haben beschlossen, die Phoenix auszurüsten und die 2 jährige Expedition in die entlegensten Winkel dieser Welt zu finanzieren.

Es gab einige Verzögerungen im Hafen, da eine Flotte unbekannter Provenienz sich ausnahm, ein bisschen Schiffe Versenken zu spielen.

Die Hafenmeisterei und die Getreidesilos wurden empfindlich getroffen - doch weder Mensch, noch Tier, noch gar das Schiff der Libertalian Geographic Society kamen dabei zu Schaden.

Die Mannschaft ist komplett - mit an Bord: Wundarzt und Botaniker Lobelie, die Steuermänner Thauris und Steffi, Maschera mit dem Hut als Funkerin und der Kleine Nils als Schiffsjunge.

Blinder Passagier ist Dale - sie strickt heimlich Pullover, die uns sehr zugute kommen werden, später - aber psst! Geheim!

Der Lotse ist Oldoldman -

Wir setzen Segel - unser erstes Ziel sind die Hebriden! Passagiere sind willkommen. Wir informieren euch über unsere Landaufenthalte rechtzeitig, so dass ihr ohne Voranmeldung zu uns stossen könnt.

bitte meldet Euch !

Wo seid Ihr ? Ist Jack etwa wirklich zur Tat geschritten und Ihr seid jetzt auf der Flucht ?

Ist Lobelie der Spielleidenschaft verfallen und hat ihre 30.000 Dollar etwa schon wieder verloren?
(Lobelie, die Bank gewinnt immmmer)

Wo ist Oldy? So schön ist Gibraltar nun auch wieder nicht.

Oder liegt die Phoenix auf einem Riff und ihr müßt Euch durch den Busch schlagen?

Mache mir echte Sorgen. Mit Hubschrauberrettung ist bei dieser Entfernung nichts zu hoffen.

auch wenn ich ein wenig voreilig war: kaum waren wir draußen, hat es Jack wieder gepackt, 30.000,-, das reicht doch noch nicht einmal für die Rumvorräte, geschweige denn für ein ordentliches Navigationsgerät - das habe ich eingesehen, wenn ich mir unsere Route so ansehe. Also kriegte er seinen ursprünglichen Einsatz von 5.000,- zurück und ich bin mit den gewonnenen 25.000,- allein abgezogen.

Jetzt sitze ich in der Sonne, trinke eine Ananas-Milch, löse das Kreuzworträtsel in der Times und feile an der Einkaufsliste. Ganz zuoberst steht - nö, keine Schuhe!!! - ein Messingputzmittel, da soll es in Nelsons Hafen ein Wundermittel geben. Es soll ja blitzen und glänzen, wenn wir in Barbados einlaufen. Unser Flaggenarsenal muß aufgestockt werden, daran hat natürlich niemand gedacht, daß auch Piraten höfliche Seefahrer sein können und immer auch die Flagge des Landes hissen, in dem sie sie vor Anker gehen.




Die Apotheke muß ausgebaut werden, gleich habe ich eine Verabredung mit einer Voodoo-Heilerin. Bin schon sehr gespannt!!! Ob die was kann? Ich habe nämlich auch Zahnschmerzen, da kann ich gleich mal ausprobieren, ob ich für Patagon eine Wunderwaffe besorgen kann. Mein H&M-Kleidchen hat sich übrigens bereits als Wunderwaffe erwiesen: für den Abend hat mich ein pensionierter Colonel zu einem Dinner eingeladen - jetzt brauche ich nur noch ein schickes Jäckchen... Danach werde ich dann so positiv gestimmt sein, einen wie eine Weihnachtsgans ausgenommenen Jack ohne die »Hättest Du doch bloß auf mich gehört«-Attitüde an Bord begrüßen zu können.

Achja, ein paar Filme fürs Bordkino brauchen wir noch...

Alles Futsch!

Ich habe heute früh meine 5000 um 11 Uhr 37 Ortszeit auf die Null gesetzt ... und was kam? Klaro, die Null - das waren glatte 175.000 in meiner Tasche! Juchu!

Doch gierig, nur allzu gierig - setzte ich erneut - alles auf die Null. Ich traue mich nicht mehr zurück auf die Phönix. Seit 11 Uhr 58 Ortszeit irre ich auf der Insel umher. Bin zu nichts mehr zu gebrauchen - kein neues Navigationsgerät, kein Rum Vorrat - alles dahin ... all gone ...


Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind - Gone with the wind -


Hier der Originalscrolltext von 1939 - wahrscheinlich hat Bella das Titeldesign gemacht





Wie auch immer, ich habe nicht einmal mehr die nötigen 30 Ostkaribische Dollar, um uns das zu besorgen:




Übrigens durfte der Roman "Doktor Schiwago" von Boris Pasternak in der UdSSR nicht erscheinen. Der italienische Verleger Feltrinelli, ein milliardenschwerer Erbe, der früh in die KP eingetreten ist und der einen Verlag zur Sicherung kommunistischer Schriften gegründet hatte - schmuggelte das Werk aus Russland heraus, liess es ins Italienische übersetzen und landete 1957 damit den ersten Weltbestseller überhaupt. Feltrinelli ist dafür von den Parteimitgliedern scharf kritisiert worden, ist doch Schiwago eine kritische Auseinandersetzung mit der Oktoberrevolution.

Natürlich machte es den schwer reichen Mann noch reicher - im Jahre 1958 legte er nach und veröffentlichte "Il Gattopardo" von Lampedusa - ein melancholischer Rückblick auf den sizilianischen Landadel vor dem Hintergrund politischer Umwälzungen zur Zeiten Garibaldis - auch dafür setzte es scharfe Kritik - und wiederum machte es den schwer reichen Mann - noch reicher

In den 70er Jahren war Feltrinelli aktives Mitglied der Roten Brigaden und er starb, als er vermutlich eine Bombe legen wollte.

Ein kleines Detail, das Patagon interessieren wird: 1960 während einer Trauerfeier schoss der kubanische Fotograph Alberto Korda dieses Foto:






Das wollte allerdings keine Zeitung haben - und so schenkte er das Bild - ratet mal wem? Yepp. Feltrinelli. Der weilte nämlich immer wieder mal auf Kuba, da er sich die Rechte an der Biographie von Fidel Castro gesichert hatte - wochenlang warteten Feltrinelli und seine Frau Inge in Hotelzimmern in Havanna auf Castro - der entweder zu spät oder gar nicht zu den Verabredungen kam -

(es gibt einen wunderbaren dokumentarischen Filmausschnitt, wahrscheinlich von Inge Feltrinelli aufgenommen, in welchem Fidel Castro dem Italiener Feltrinelli erklärt, wie man Lasagne richtig zubereitet )

Jedenfalls veröffentlichte Feltrinelli das Porträt von Che Guevarra nach dessen Tod 1967 - die Reise dieses Bildes ist bekannt.

So - jetzt aber - ich habe Doktor Schiwago - den Film - im Netz "gefunden" und ihn auf einen Stick gezogen - vielleicht traue ich mich doch zurück an Bord ;-)

jeden Kommentar...

Aber damit es auch für den abgebrannten Jack an Bord etwas kuscheliger wird, habe ich noch so einen monumentalen Schinken fürs Bordkino besorgt:

Ein David Lean Double Feature an Bord der Phoenix! Welchen zuerst? Schiwago oder El Aurens?

eigentlich ist es ja ein Omar Sharif-Double-Feature...

Alec Guiness Double Feature ...

gibt es nur ein Mal... Schade.

... aber 2 x die Musik von Maurice Jarre - vielleicht also ein Jarre Double Feature?

nachgeliefert:

die Maske überprüft?!

Nachtrag:

Kinski kommt mir aber sehr spanisch vor...

Nur die Masken der Niedertracht lasse ich an Land zurück ...


Nachtrag : die Szene mit Kinski gab es leider nicht auf Russisch

daß ›Dr. Schiwago‹ in Englisch gedreht wurde - und daß Kinski ohnehin kein Russisch konnte. Dafür aber Russisches Roulette. Gänsehaut...

Doktor Schiwago erst mal auf Italienisch herausgebracht - dann auf Englisch gedreht - und Julie Christie trägt die 60er Haarspray Frisur - aber trotzdem super!

Julie Christie ist Haarspray vollkommen fremd, Lara ist Natur pur, die reine Sinnlichkeit ohne Silikon & Co., sonst hätte der reine Parsifal-Tor Schiwago sich doch nie in sie verliebt. Bitte ein wenig Romantik zulassen, sonst klappt das nie mit dem guten Leben!

Ich muß ja noch erzählen, wie es mir heute auf Antigua ergangen ist. Auch da klappt es nicht ohne romantische Scheuklappen (Du weißt ja, daß die deutsche Romantik von dekonstruierender Ironie durchzogen ist?), um der Realität mehr als nur Realität abzugewinnen.

Die Sache mit der Voodoo-Heilerin war schon, nun ja, abenteuerlich. Ein Rasta-Typ führte mich in eine sehr dunkle Ecke, verlangte gar von mir, daß ich auf dem Weg zum Haus der Priesterin die Augen schließen möge (Ha! Es hätte gereicht, wenn er mich gebeten hätte, die Brille abzusetzen, ich bin ja blind wie ein Maulwurf), und so blinzelte ich bebrillt doch und fand vor dem besagten heiligen Ort diese Eidechse vor:



Die war ja noch ein gutes Zeichen, aber als ich die Türschwelle überschritt, setzte dann doch leichte Panik ein.



Ja, und ab da wurde es schlagartig dunkel und unheimlich:





Jedenfalls: wieder ins Licht hinausgestolpert, waren meine Zahnschmerzen weg, in meinem Clutch-Täschchen befanden sich geheimnisvolle Tinkturen, Kräuter und Nadeln, dafür fehlten mir 1.000 Dollar, die ich in meinem Wahn (irgendwie erinnere ich mich an ein Huhn, das blutigst geschlachtet wurde, noch jetzt habe ich Federn an meinem Kleid) geopfert haben muß, und vollends zur Raison kam ich erst, als ich auf dieses Schild mit einem hübschen orthographischen Fehler stieß, das unweit dieses verwirrenden Ortes aufgestellt war:



Da dämmerte mir, daß nicht nur Jack ausgenommen worden war. Aber die Trommler an diesem verwunschenen Ort waren wirklich göttlich, wie von einem anderen Stern. Sie spielten, als ob es um ihr Leben ginge. Und die Priesterin war eine Frau mit glühenden Augen, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde.

Ernüchtert, aber immer noch irgendwie tänzelnd, hatte ich keine Probleme, in der nächstgelegenen Boutique 250 Dollar für ein goldfarbenes Lederjäckchen auszugeben, das wunderbar zu meinen goldfarbenen Sandaletten paßte. Hach! Ich war gerüstet für den Ex-Colonel, der mich am English Harbour zum Dinner abholte. Und der Abend fing ja auch gut an. Ein romantischer Spaziergang am Hafen, wo er mir sein Schiff zeigte. Ich mußte schlucken, denn unsere Phoenix ist nix dagegen:



Entweder war er ein Angeber oder aber ein Schotte: weißt Du, Jack, was er mir in einer üblen Spelunke anbot? Das hier:



Das Teil war zwar riesig, aber sonst auch nichts. Ich rächte mich, indem ich das billige Bier und den billigen Rum ablehnte und französischen Rotwein bestellte. Nahtlos wechselte er von Sabbern zu Frostigkeit, und seitdem habe ich nur einen Gedanken: sollten wir nicht sein Schiff, die ›Sally Lady‹, kapern und mit der nach Barbados fahren?

Andererseits ist unsere Mannschaft geschrumpft, die wenig Sturmerprobten sind abgesprungen, und ob wir das Teil beherrschen könnten? Hey, Oldy, wie weit ist es denn von Antigua bis Barbados, und wieviele Hands bräuchte man, um die prospektive Prise zu beherrschen?


Alle Bilder sind von Frederik Ramm
http://www.remote.org/frederik/culture/antigua/photos/

Ich switche grade ein bißchen im TV-Programm herum und stoße auf diese Flensburger Band, die offenbar grade die Charts stürmt, was mich doch ziemlich verwundert.

Noch vor 10 Jahren wären diese Jungs als spießige Folklore-Heimat-Sänger mit nachsichtigem Amüsement betrachtet worden (nicht von mir, wohlgemerkt, ich stand immer schon auf Shantys).

Was hat sich da verändert ? Bin richtig verblüfft.

https://www.youtube.com/watch?v=HXH8VJzfGXQ&feature=related

was du nach diesen Abenteuern brauchst, ist frische Luft, keine Goldlamee-Jäckchen

Lobelie! Das Ding ist viel zu fett und viel zu nobel! Auch diese Rettungsboote mit den orange farbenen Dächern sind an Hässlichkeit nicht zu toppen!

Also nö! Es muss doch nicht sein, dass nur weil wir völlig pleite sind - sprich: ich alles verspielt habe! wir so ein fettes Ding nötig haben! Müssen wir gleich so protzen?

Ein Tausi für die Voodoo Maus? Ich hoffe, es waren Ostkaribische Dollar und nicht Euro! Aber ok - gegen Zahnschmerzen wären mir auch 2000 Recht - aber was gucken wir denn nun zuerst? Schiwago mit der göttlichen Christie (ihre Schönheit beeindruckte einst ebenfalls Warren Beatty) und der wunderbaren Geraldine Chaplin - oder El Aurens, ein Film ganz ohne eine einzige Frau?

Ich sag doch auch gar nix gegen die Christie! Die hat nur Haarspray in dem Film - oder ist der Turm auf ihrem Hinterkopf etwa nicht toupiert?





Wir könnten uns allerdings auch eine Rarität geben: "Billy Liar" von John Schlesinger - mit Julie Christie und Tom Courtenay (der Strelnikow spielt im Schiwago, den Mann von Lara)




Hui! Stringa, das gibts doch nicht! Santiano von Hugues Auffray, gesungen von einem belgischen Bretonen, dazu Bilder vergangener Abenteuer! Whow! Bin begeistert!


Hier mein Lieblingslied von ihm - hinter das ich mich versteckte als ich noch klein war und glaubte, Romantik käme ohne Ironie aus

"...als ich noch glaubte, Romantik käme ohne Ironie aus"

Das sitzt !

Ich glaube, daß ich die Voodoo-Sache so einigermaßen verdaut habe. Mein Frühstück im Admiral's Inn, darunter dieser sehr spezielle Donut, schmeckt mir jedenfalls. Damit dürfte das Gröbste überstanden sein...



Aber zuvor, an Bord, habe ich dann doch noch den Schreck meines Lebens bekommen. Da wollte ich nämlich die mitgebrachte Medizin einräumen, und habe erstmals gesehen, was mir die Dame überhaupt verkauft hat. IIIIH! So krank kann man gar nicht sein, als daß man diese Kur auch nur in Erwägung ziehen würde...



Shudder! Glücklicherweise waren die Viecher tot und getrocknet, und so habe ich die Flaschen leise, still und heimlich über Bord geworfen, was der Dame aber nicht recht war. Wie ein Gespenst tauchte sie vor meinem inneren Auge auf - ein flashback sozusagen.




So cirka 3 Sekunden lang. Jetzt ist es hell und heiß, das Wasser glitzert, die Wanten klingen - mal sehen, wann der Rest der Mannschaft eintrudelt.

Schaut mal was ich tief unten gesehen habe?

Sehr schön, Freizeit - da habe ich doch gleich nach dem Pendant in echt gesucht...



Erholung pur!

ein kleines gift for you. Bin beim Shanty-Durchstöbern drauf gestossen. Ich wünsch dir auch ein "safe ashore".

https://www.youtube.com/watch?v=wY1fUAPYH3M&feature=related

Ich setz mich jetzt ins Krähennest und übe, ganz gerührt, dieses Lied -

Mal ne andere Frage: was haltet ihr von ein bisschen Kap Horn statt Barbados?

wenn du Lobelie aus der Karibik wegzerren kannst ?

https://www.youtube.com/watch?v=ovhi4Di_GGw

Es gibt einen berühmten deutschen Piraten, dem es gelang, Kap Hoorn unbeschadet zu umfahren, um dann kurze Zeit später und nur einige Seemeilen entfernt zu stranden.

Seine gekaperten Schätze liegen heute noch auf der kleinen Insel und sind trotz eifriger Schatzjäger noch nicht gefunden worden.

Wie hieß der "Pirat" und wo liegen die Schätze ?